Die Abmahnung im Mietrecht

1. Begriff der Abmahnung

Ist der Vermieter der Auffassung, dass der Mieter seine mietvertraglichen Pflichten verletzt, kann er ihn abmahnen. Unter einer Abmahnung versteht man eine Erklärung des Vermieters, durch die der Mieter aufgefordert wird, ein bestimmtes Verhalten zu unterlassen oder eine bestimmte Handlung vorzunehmen. Es handelt sich um eine rechtsgeschäftsähnliche, dem Schutz des Mieters dienende, einseitige, empfangsbedürftige Erklärung.

Die hat für den Mieter eine Warnfunktion: Dementsprechend soll sie den Mieter darüber informieren, welches tatsächliche Verhalten vom Vermieter missbilligt wird; außerdem soll der Mieter Gelegenheit zur Abhilfe erhalten.

Aus der Abmahnung muss sich ergeben, welche konkreten Vertragsverletzungen der Vermieter beanstandet und künftig abgestellt wissen will. Der Vermieter muss den Mieter auffordern, ein genau bezeichnetes Fehlverhalten zu ändern bzw. aufzugeben. Daher liegt keine wirksame Abmahnung vor, wenn der Vermieter den Mieter nur in allgemein gehaltenen Worten an die Erfüllung seiner Pflichten erinnert oder die Unzufriedenheit mit seinem Verhalten zum Ausdruck bringt.

Die Abmahnung bedarf keiner bestimmten Form und kann mündlich oder schriftlich erklärt werden. Daher genügt es, wenn der Vermieter dem Mieter mündlich erläutert, welches Verhalten abgestellt werden soll und sodann eine Abmahnung ausspricht, die hierauf Bezug nimmt. Ebenso kann eine (unwirksame) Kündigung in eine Abmahnung umgedeutet werden.

Die Abmahnung darf nicht missverständlich oder an unerwarteter Stelle in einem Schreiben mit überwiegend anderweitigem Inhalt enthalten sein.

Ist streitig, ob und mit welchem Inhalt die Abmahnung ausgesprochen worden ist, so trifft den Vermieter die Beweislast, weshalb einem Vermieter stets eine schriftliche Abmahnung anzuraten ist.

2. Gründe für eine Abmahnung

In der Praxis sind häufige Gründe für eine Abmahnung:

Die Miete wird zu spät überwiesen.
Unerlaubte Untervermietung.
Vertragswidrige Überbelegung der Wohnung
Berufsausübung in der Wohnung
Der Mieter hält sich nicht an die Ruhezeiten im Haus
Ständige Ruhestörungen
Verstoß gegen ein wirksames Haustierhaltungsverbot

Derartige Vertragsverletzungen durch den Mieter berechtigen den Vermieter zum Ausspruch einer Abmahnung gegenüber dem Mieter.

Die Abmahnung ist kraft Gesetzes Voraussetzung für eine Unterlassungsklage nach § 541 BGB (Klage auf Unterlassung des vertragswidrigen Gebrauchs) und für eine fristlose Kündigung nach § 543 BGB. Nach der Rechtsprechung ist eine Abmahnung auch in bestimmten Fällen der Kündigung nach § 569 Abs. 2 BGB und § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB erforderlich.

Beispiel 1: Der Mieter übt in seiner Wohnung ein Gewerbe aus. Bevor der Vermieter seinen Mieter auf Unterlassung verklagen kann, muss er ihn zuvor abmahnen und in der Abmahnung auffordern, die gewerbliche Tätigkeit zu beenden.

Beispiel 2: Der Mieter überlässt die Mietsache unerlaubt einem Dritten – gleich ob entgeltlich (Untervermietung) oder unentgeltlich – zum Gebrauch. Vor einer darauf gestützten außerordentlichen fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund (§ 543 BGB) muss der Vermieter den Mieter grundsätzlich abmahnen und auffordern, die Gebrauchsüberlassung an den Dritten zu beenden.

Lediglich bei der Kündigung wegen Zahlungsverzugs nach §§ 543 Abs. 2 Nr. 3, 569 Abs. 3 BGB ist eine vorherige Abmahnung entbehrlich, falls nicht ausnahmsweise vertraglich vereinbart ist, dass der Kündigung eine Abmahnung vorausgehen muss.

Grundsätzlich nicht erforderlich, aber empfehlenswert ist eine Abmahnung, wenn der Vermieter dem Mieter gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB wegen schuldhafter vertraglicher Pflichtverletzungen eine ordentliche Kündigung aussprechen will.

Die schuldhaften vertraglichen Pflichtverletzungen sind „ein weites Feld“. Hierunter fallen in der Praxis hauptsächlich ständig zu spät eingehende Mieten, Ruhestörungen und erhebliche bzw. wiederholte Verstöße gegen die Hausordnung.

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist in den Fällen einer schuldhaften vertraglichen Pflichtverletzung vor der Kündigung grundsätzlich keine Abmahnung des Mieters notwendig.

Die ordentliche Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum durch den Vermieter wegen schuldhafter nicht unerheblicher Vertragsverletzung des Mieters (§ 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB) setzt nicht eine Abmahnung des Mieters durch den Vermieter voraus, vgl. BGH, Urteil vom 28. November 2007 Aktenzeichen VIII ZR 145/07.

Allerdings kann der Abmahnung für die Kündigung ausnahmsweise insofern Bedeutung zukommen, als erst ihre Missachtung durch den Mieter dessen Vertragsverletzung das für die Kündigung erforderliche Gewicht verleiht, vgl. BGH a. a. O.

Daher ist Vermietern in der Praxis regelmäßig anzuraten, den schuldhaft vertragswidrig handelnden Mieter vorsorglich doch abzumahnen und ausdrücklich aufzufordern, das als vertragswidrig monierte Verhalten zu beenden bzw. in Zukunft zu unterlassen.

Unter Umständen verleiht im Falle erst eine vorangegangene Abmahnung und der auch hiergegen begangene Verstoß einer auf schuldhafte Vertragsverletzung gestützten Kündigung das für deren Wirksamkeit erforderliche Gewicht.

3. Berechtigte zum Ausspruch einer Abmahnung

Eine Abmahnung können grundsätzlich nur der Vermieter oder die von ihm hierzu Bevollmächtigten können eine Abmahnung aussprechen.

Dem Vermieter stehen (nur) diejenigen Personen gleich, die seiner Stelle oder für ihn dessen Befugnisse ausüben, z. B. Zwangsverwalter, Konkursverwalter, Nachlassverwalter, Testamentsvollstrecker, Nachlass- und Abwesenheitspfleger oder Betreuer.

Wird die Abmahnung durch einen nicht bevollmächtigten Dritten erklärt, so ist sie unwirksam. Wird die Vollmachtsurkunde nicht vorgelegt, kann die Abmahnung in entsprechender Anwendung von § 174 Abs. 1 BGB zurückgewiesen werden.

Der Erwerber einer Wohnung kann erst dann aus eigenem Recht abmahnen, wenn er als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Dies gilt auch dann, wenn nach dem Kaufvertrag die Nutzungen bereits mit der Übergabe übergehen sollen und der Erwerber den Besitz an dem Hausgrundstück erlangt hat. Vor der Grundbucheintragung und dem erst damit endgültig vollzogenen Eigentumsübergang kann der Erwerber bei entsprechender Bevollmächtigung die Abmahnung ggf. als Vertreter des Veräußerers aussprechen.

4. Abmahnungsempfänger

Eine Abmahnung muss stets gegenüber dem Mieter erklärt werden. Der Mieter ist auch dann Adressat der Abmahnung, wenn ein am Mietverhältnis nicht beteiligter Dritter, z. B. ein Familienangehöriger des Mieters, die Vertragsverletzung begangen hat.

Die Abmahnung ist auch dann gegenüber dem Mieter zu erklären, wenn dieser den Mietgebrauch einem Dritten überlassen hatte und der Dritte von der Mietsache einen vertragswidrigen Gebrauch macht.

Sind mehrere Personen Mieter, so muss die Abmahnung allen Mietern zugehen, denen gegenüber eine Unterlassungsklage erhoben werden soll. Ist nur einem von mehreren Mietern ein vertragswidriges Verhalten vorwerfbar, so hat der Vermieter die Wahl, ob er nur gegenüber dem störenden Mieter oder gegenüber allen Mietern abmahnt. In der Regel ist eine umfassende Abmahnung gegenüber allen Mietern anzuraten, weil der nicht vertragswidrig handelnde Mieter auf diese Weise Gelegenheit erhält, auf den störenden Mieter einzuwirken.

5. Rechtsfolgen einer Abmahnung

Eine Abmahnung sollte vom Mieter nicht unterschätzt und „die leichte Schulter“ genommen werden. Eine vorangegangene Abmahnung ebnet dem Vermieter aber oft den Weg zu einer Kündigung oder zu einer Unterlassungsklage für den Fall einer auch nur fahrlässigen Wiederholung oder Fortsetzung der abgemahnten Vertragsverletzung durch den Mieter.

6. Rechtsbehelf gegen unberechtigte Abmahnung

Gegen eine unberechtigte Abmahnung stehen einem Mieter nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nur im Ausnahmefall Rechtsbehelfe zu.

Ein solcher Ausnahmefall wird u. a. dann angenommen, wenn der Vermieter den Mieter mit einer Vielzahl willkürlicher Abmahnungen belästigt.

In anderen Fällen soll der Mieter nach höchstrichterlicher Rechtsprechung durch eine unberechtigte Abmahnung nicht in seinen Rechten beeinträchtigt sein, weshalb einer Klage auf Beseitigung der Abmahnung das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Daher sei eine Klage auf Feststellung, dass eine vom Vermieter erteilte Abmahnung aus tatsächlichen Gründen unberechtigt war, unzulässig. Ebenso wenig habe der Mieter einen Anspruch auf Feststellung, dass die Abmahnung zu Unrecht erfolgt ist, vgl. BGH Urteil vom 20. 2. 2008 – VIII ZR 139/07.

Insbesondere erhalte der Vermieter in einem späteren Räumungsrechtsstreit keinen „Beweisvorsprung“, wenn der Mieter eine zuvor erteilte Abmahnung entgegengenommen hat. Auch in diesem Fall muss der Vermieter den vollen Beweis für die vorangegangene Pflichtwidrigkeit führen. Kommt es später zu einem Kündigungsrechtsstreit, in dem der Vermieter sich auf die Abmahnung stützen will, muss er den vollen Beweis für die vorausgegangene Pflichtwidrigkeit führen. Die Vorlage einer einst geschriebenen Abmahnung reicht nicht aus.

Nach anderer Ansicht habe der Mieter einen Anspruch auf „Entfernung‟ der Abmahnung oder deren Widerruf, vgl. Weidemann WuM 2002, 78; ähnlich: Schach WuM 2006, 669.

Der vom BGH vertretenen Auffassung, wonach der (Wohnraum-) Mieter vom Vermieter weder Beseitigung noch Unterlassung der Abmahnung verlangen kann, weil eine unberechtigte Abmahnung den Mieter noch nicht in seinen Rechten verletze, vermögen wir uns, insbesondere mit Blick auf Art. 13 GG, grundsätzlich nicht anzuschließen.

Die Unverletzlichkeit der Wohnung gemäß Art. 13 Abs. 1 GG und die daraus resultierenden Wertungen, welche im Wege mittelbarer Drittwirkung über die unbestimmten Rechtsbegriffe und Generalklauseln auch im Zivilrecht Geltung beanspruchen und entfalten, gebieten es unseres Erachtens, dem Mieter die Möglichkeit einzuräumen, sich gegen eine (in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht) unberechtigte Abmahnung zur Wehr zu setzen.

Nachdem eine Abmahnung darauf abzielt, der anderen Vertragspartei ein bestimmtes, als Vertragsverletzung beanstandetes Fehlverhalten vor Augen zu führen und gleichzeitig die Aufforderung beinhaltet, dieses Verhalten zur Vermeidung weiterer vertragsrechtlicher Konsequenzen aufzugeben oder zu ändern (BGH a. a. O., m w. N.), setzt der Vermieter mit einer Abmahnung zugleich die Grundlage und rechtlichen Voraussetzungen für weitere rechtliche Schritte gegen den Mieter, nach § 543 Abs. 3 BGB insbesondere auch für eine außerordentliche fristlose Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Abs. 1 S. 1 BGB.

Jedenfalls dem Mieter von Wohnraum ist es unzumutbar, die mit einer Abmahnung verbundene Aufforderung zur Verhaltensänderung und Androhung weiterer Rechtsfolgen für den Fall der Wiederholung oder Fortsetzung des beanstandeten Verhaltens zunächst widerspruchslos hinnehmen zu müssen und sich erst dann rechtlich zur Wehr setzen zu können, wenn an das monierte Verhalten weitere, schwerer wiegende Rechtsfolgen geknüpft werden.

Im Falle einer Abmahnung und der regelmäßig damit verbundenen Androhung außerordentlicher fristloser Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter muss jedenfalls der Wohnraummieter die Möglichkeit haben, sich einer Abmahnung gerichtlich zu erwehren und deren Berechtigung überprüfen zu lassen.

Denn schon die mit der Abmahnung regelmäßig verbundene Kündigungsandrohung und das damit in Aussicht gestellte Szenario des Wohnungsverlusts üben einen enormen Verhaltensdruck auf den Wohnraummieter aus.

Die eigene Wohnung ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung für die eigenwirtschaftliche Lebensführung von zentralster Bedeutung.

In Anbetracht dieses Stellenwerts der „eigenen vier Wände“ begründen bereits die Androhung des Wohnungsverlusts und der damit ausgeübte Verhaltensdruck Eingriffe in die grundrechtlich geschützten Rechtspositionen gemäß Art. 13 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG, in Form der allgemeinen Handlungsfreiheit und in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG auch in Form des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts als einheitlich umfassendem subjektivem Recht auf Achtung und Entfaltung der Persönlichkeit in seiner Ausprägung als Recht auf freie Entfaltungsmöglichkeit und aktive Entschließungs- und Handlungsfreiheit.

Diese Eingriffe erweisen sich ohne Weiteres als rechtswidrige Verletzungen von Artt. 13 Abs. 1, 2 Abs. 1 i. V. m. 1 Abs. 1 GG und gleichzeitig auch nichtleistungsbezogener Pflichten im Sinne von § 241 Abs. 2 BGB , wenn die Abmahnung unberechtigt ist, gleich ob aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen.

Im Falle derartiger Verletzungen seiner grundrechtlich geschützten Rechtspositionen muss der Wohnraummieter, auch in Anbetracht des mit der Androhung des Wohnungsverlusts auf ihn ausgeübten psychologischen Drucks, Rechtsschutz schon gegen die Abmahnung und Rechtssicherheit zu der Frage zu erlangen zu können, ob das vermieterseits als Vertragsverletzung monierte Verhalten rechtmäßig oder rechtswidrig ist.

Andernfalls müsste der Mieter, wenn er die Abmahnung von vornherein für unberechtigt hält, erst eine Kündigung seines Mietverhältnisses abwarten, um erst in einem darauf beruhenden (Feststellungs- oder Räumungs-) Rechtsstreit die Rechtmäßig- bzw. Rechtswidrigkeit des abgemahnten Verhaltens gerichtlich überprüfen lassen zu können.

Dem Wohnraummieter kann es angesichts des nicht hoch genug einzuschätzenden Stellenwerts der Wohnung jedoch nicht abverlangt werden, das damit verbundene Risiko eines endgültigen Wohnungsverlusts einzugehen.

Vor diesem Hintergrund muss es dem Mieter unseres Erachtens aber zumindest möglich sein, im Wege einer Feststellungsklage klären zu lassen, ob der von ihm praktizierte Mietgebrauch den vertraglichen Vereinbarungen entspricht.

Dieser Überblick erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ersetzt keine Rechtsberatung. Im Einzelfall ist dringend anzuraten, rechtlichen Rat einholen, gleich ob Sie als Vermieter eine Abmahnung aussprechen möchten oder als Mieter eine Abmahnung oder sogar schon eine Kündigung erhalten haben. HEGEWERK Rechtsanwälte berät Sie gern!

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