Wiederaufnahme nach rechtskräftigem Strafbefehl: mit einem Strafverteidiger manchmal ein Weg – und zwar der einzige!

Das sogenannte „Strafbefehlsverfahren“ ist ein in der StPO besonders geregeltes Verfahren, das es der Staatsanwaltschaft in bestimmten Fällen erlaubt, zu einem rechtskräftigen Schuldspruch zu kommen, ohne dass es hierfür – wie ansonsten grundsätzlich immer! – einer öffentlichen Hauptverhandlung bedarf. Ein Strafverteidiger, der den Ablauf des Verfahrens dort „stören“ könnte, wird so elegant umgangen.

Gerade bei dem Vorliegen eines Verdachts auf ein sehr häufig vorkommendes Delikt („Alltagsdelikt“) wird dieser Weg der strafprozessualen „Erledigung“ von der Staatsanwaltschaft gerne beschritten, bedeutet er doch eine erhebliche Arbeitserleichterung und Schonung der beschränkten behördlichen Ressourcen – die Akte ist vom Tisch, eine Kerbe kann in das Holz der erledigten Fälle geschlagen werden.

Typischerweise wird versucht, etwa Fälle einfach gelagerter Straßenverkehrsdelikte (z. Bsp. Fahren ohne Fahrerlaubnis, Trunkenheitsfahrt etc.), des Erschleichens von Leistungen (Fahren ohne Fahrschein), bestimmte Betrugsfälle (etwa unberechtigter Bezug von Sozial- oder vergleichbaren Leistungen), aber durchaus auch Fälle der Körperverletzung (einfache und gefährliche) hiermit schnell und geräuschlos zu beerdigen.

Wenn der Rechtsstaat irrt.

„Schleichende Verurteilung“ bei Strafbefehlsverfahren ohne Strafverteidiger

Das ist aus brandgefährlich:  Damit entfällt die „Warnfunktion“, die eine Ladung zu einer Gerichtsverhandlung für Beschuldigte oft hat; erst dann wird ihnen nämlich klar, dass hier tatsächlich „etwas droht“. Und dass sie handeln müssen, etwa indem sie sich jedenfalls von einem guten Strafverteidiger beraten lassen müssen im Hinblick darauf, was nun zu tun ist.

Der Strafverteidiger warnt: Kurze Frist zur Einlegung eines Einspruchs gegen Strafbefehl!

Der Strafbefehl, der dem Beschuldigten zugestellt wird, bleibt für sie nur ein Stück Papier, eine Zustellung unter vielleicht vielen anderen; die Gefahr, ihn zu ignorieren, anstatt sofort einen fachkundigen Anwalt für Strafrecht zu Rate zu ziehen, ist deshalb recht groß. Und so schlafwandelt man weiter vor sich hin, bis…… ja, bis es dann zu einem bösen Erwachen kommt, weil die Strafe vollstreckt werden soll.

Geht man erst jetzt zu einem Rechtsanwalt für Strafrecht, wird der häufig ernüchtert feststellen müssen: Die Strafe ist grundsätzlich vollstreckbar – der Strafbefehl ist wie ein „echtes“ Urteil, er ist rechtskräftig und damit nicht ohne weiteres mehr angreifbar. Dies ist bereits nach dem Ablauf von 14 Tagen nach Zustellung des Strafbefehls an den Beschuldigten der Fall!

Kann ein Verteidiger keine Berufung oder Revision gegen einen Strafbefehl einlegen? Bei einem Urteil kann er das doch auch!

Nein – genau dies ist nicht möglich.

Wird gegen den erlassenen und zugestellten Strafbefehl nicht, wie oben dargelegt, binnen 14 Tagen – diese Frist ist nicht verlängerbar! – kein Einspruch eingelegt, so wird der Strafbefehl unmittelbar rechtskräftig. Es gibt keine zweite oder dritte Instanz, der der Betroffene den wie ein Urteil wirkenden Strafbefehl zur Überprüfung stellen könnte; anders als sonst gibt es weder das Rechtsmittel der Berufung (mit der Folge einer vollumfänglichen neuen Verhandlung des Vorwurfes unter Einführung und Würdigung sämtlicher Beweismittel), noch das der Revision (mit der das Urteil auf Rechtsfehler hin überprüft werden kann). Hieran kann kein Strafverteidiger der Welt etwas ändern.

Strafbefehl: Rechtskraft ohne Wenn und Aber? Oder: Wiedereinsetzung und Wiederaufnahme mithilfe Ihres Strafverteidigers

Ein erfahrener Strafverteidiger kennt jedoch die Ansatzpunkte, die trotz der Rechtskraft des Strafbefehls eine Überprüfung der darin enthaltenen Verurteilung möglich machen kann:

Zunächst wird er sehr genau überprüfen, ob der Strafbefehl wirksam zugestellt wurde, und ob die kurze Frist von 14 Tagen wirklich abgelaufen ist. Ist das nicht der Fall, kann Ihr Rechtsanwalt für Strafrecht die sogenannte „Wiedereinsetzung“ beantragen und so doch noch einen Einspruch ermöglichen.

Ist an der Zustellung jedoch „nicht zu rütteln“, so gibt es nur noch eine Möglichkeit, einen falschen Strafbefehl aus der Welt zu schaffen: das ist das Instrument der Wiederaufnahme.

Besondere Relevanz der Wiederaufnahme für das Strafbefehlsverfahren

Wer das Wort „Wiederaufnahme“ hört, mag spontan an besonders spektakuläre Fälle denken, in denen es um Verbrechen und Verurteilungen zu langjährigen Haftstrafen geht, und bei denen sich erst nach Jahren oder Jahrzehnten herausgestellt hat, dass es sich um Fehlurteile handelt, die aufzuheben waren.

Doch das wäre zu kurz gedacht: Die Wiederaufnahme steht in allen strafrechtlichen Verfahren offen, auch im Bereich der „Alltagskriminalität“, also auch im Bereich der des Strafbefehlsverfahrens (übrigens sogar im Bußgeldverfahren). Und hier kann es der letzte und der einzige Ausweg sein, wenn der Strafbefehl zu Unrecht ergangen ist und nur wegen Fristablaufs nicht mehr angreifbar sein soll. Aufgrund des fehlenden „Instanzenzuges“ von Berufungs- und Revisionsinstanz wölbt sich also nicht erst über dem BGH, sondern bereits über dem Amtsgericht „der blaue Himmel“!

Das macht dieses Instrument gerade hier besonders relevant. Ein guter Anwalt für Strafrecht sollte dies immer in seine Überlegungen mit einbeziehen und den Sachverhalt auf das Vorliegen sogenannter „Wiederaufnahmegründe“ abklopfen.

Handlungsempfehlung, wenn Sie einen Strafbefehl erhalten haben, der bereits rechtskräftig sein soll: Sprechen Sie mit einem Strafverteidiger!

Kontaktieren Sie einen unserer Strafverteidiger und Anwälte für Strafrecht für eine unverbindliche Ersteinschätzung. Wir können auf Wunsch Einsicht in die Akten in Ihrem Fall nehmen und alle Möglichkeiten einer Verteidigung prüfen, um Sie beraten zu können.

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